Samstag, 17. Dezember 2016

EZB-Tapering und Inflationserwartungen

Mario Draghi hat am 8. Dezember 2016 mitgeteilt, dass die EZB das Anleihe-Kaufprogramm um neun Monate bis mind. Dezember 2017 verlängern will. Das Volumen wird aber ab April von bisher 80 Mrd. EUR auf 60 Mrd. EUR pro Monat verkürzt. 

Mit diesem weisen, überraschend einfachen Entscheid will Draghi im Grunde genommen, Falken und Tauben beruhigen, damit keine hohen Schwankungen am Markt für europäische Anleihen entstehen. In Erinnerung ist das sog. Taper Tantrum in den USA im Jahr 2013: Ben Bernanke hatte das Ende eines beispiellosen Experimentes mit monetary stimulus angedeutet. Die Preise waren damals daraufhin heftig abgestürzt und die Renditen hatten kräftig zugelegt.

Mark Gilbert von Bloomberg TV nennt EZBs Vorgehen daher „smart“, aber insofern, wenn damit eine spürbare Erholung der Wirtschaft einhergeht. Das scheint aber nicht der Fall zu sein, wie die folgende Abbildung nahelegt.

Die Kreditvergabe an private Haushalte und Unternehmen in Europa (3Q: 1,1%) unterscheidet sich erheblich von der in der US-Wirtschaft (3Q: 3,8%).


Die Kreditvergabe an private Haushalte und Unternehmen im Vergleich: USA versus Euro-Raum, Graph: Mark Gilbert, Bloomberg TV


Während die Inflationserwartungen in den USA auf 2% hindeutet, was von der Fed auf mittlere Sicht als Ziel angepeilt wird, verlaufen sie im Euro-Raum immer noch deutlich unter 1,7%, obwohl sie zuletzt etwas angestiegen sind.

Nur eine kurze Bemerkung: Es hat zwei Jahre gedauert, bis die Fed nach der Ankündigung der Zurückführung der QE-Politik die Zinsen angehoben hat.


Die Inflationserwartungen (gemessen an 5y5y forward inflation break-even rates) im Vergleich: USA versus Euro-Raum, Graph: Mark Gilbert, Bloomberg TV


Ohne Lohnwachstum gibt es im Euro-Raum keinen Inflationsanstieg, wie die folgende Abbildung zeigt. Wenn die Löhne gedrückt bleiben, gibt es nicht viel Anlass, einen signifikanten Anstieg der Inflation zu erwarten.


Kerninflation versus Entlohnung pro Mitarbeiter, Graph: Morgan Stanley

Ferner braucht die Aussage, dass die Beschäftigung steigt, eine genauere Überprüfung. Es handelt sich dabei meistens um temporäre- und part-time-Jobs im Service-Sektor, der nach Angaben von Morgan Stanley rund drei Viertel der gesamten Beschäftigung im Euro-Raum ausmacht.

Weitere Aspekte, die auffallen, sind, dass die Entlohnung für vorübergehende und Teilzeitbeschäftigte aufgrund ihrer niedrigeren Tarifverhandlungsmacht tendenziell unterdurchschnittlich verläuft. 

Und ein steigender Anteil der gering qualifizierten Stellen beeinträchtigt das allgemeine Produktivitätswachstum (labour productivity growth), was auch das durchschnittliche Lohnwachstum negativ beeinflusst.

Europa scheint in der Tat eine angemessene Arbeitsmarkt- und eine koordinierte Lohnpolitik zu brauchen, um die Erholung der Wirtschaft voranzubringen und die Beschäftigung zu fördern.


Anteil der Teilzeitbeschäftigte im Service-Sektor, Graph: Morgan Stanley

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