Mittwoch, 11. November 2015

Japans Erfahrungen mit Deflation und Europa

Wie das Blatt sich wendet. Die Fed hat 1974 angesichts der steigenden Inflation versucht, die Menschen zu überzeugen, “WIN”-Knöpfe zu tragen: Whip Inflation Now.

Heute ist das Problem umgekehrt. Mehrere Zentralbanken haben Schwierigkeiten, Inflation zu schaffen. “SIN”-Knöpfe wären heute sicherlich nicht weniger wirksam als die älteren Sorte damals: Support Inflation Now.

So deuten Cecchetti und Schoenholtz in ihrem gemeinsam verwalteten Blog (Money & Banking) darauf hin, dass Japan nach vielen Jahren immer noch Mühe hat, die Deflationsgefahr zu überwältigen. Die Bank of Japan (BoJ), die Zentralbank des Landes braucht mehr Hilfe, um das Problem zu bekämpfen, betonen die beiden Uni-Professoren.

Was sind aber die Lehren, die der Fall Japan bietet?

Die erste und wichtigste ist, dass man alles, was man kann, tut, um nicht erst auf den deflationären Pfad zu geraten. Wie wir heute sehen, kann selbst eine resolute Zentralbank eine Deflation, die sich in die Erwartungen von privaten Haushalten und Unternehmen eingebettet hat, nicht so einfach beendigen.

Selbst geldpolitische Massnahmen, die als schwierig  und zwangsläufig riskant betrachtet werden, können sich als ungenügend erweisen, unterstreichen Cecchetti und Schoenholtz weiter.


Japan, BEI: breakeven inflation rate and new-style JGB linker with deflation floor, Graph: Morgan Stanley

Die zweite ist die Tatsache, dass eine unerwartete Deflation fiskalische Probleme eines Landes verschlechtern kann, dadurch dass die Fähigkeit der Regierung beeinträchtigt wird, wirksam zu agieren.

Anders gesagt: auch wenn die Deflation sich langsam und nachhaltig entwickelt (als scharf und heftig wie während der Zeit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren), kann sie an den Kräften zehren.

Aus der engen Perspektive einer Zentralbank gibt es ausserdem laut Cecchetti und Schoenholtz eine weitere Lehre für die Unabhängigkeit: Experten befürchten im Allgemeinen, dass eine Zentralbank, die ihre Unabhängigkeit verliert, i.d.R. veranlasst würde, eine grosse Inflation anzufachen (Stichwort: fiscal dominance).

Doch die Ironie ist, dass auch eine tief verwurzelte Deflation die Unabhängigkeit einer Zentralbank untergraben kann, weil es nicht mehr möglich ist, ohne Unterstützung der Fiskalpolitik die Preisstabilität zu gewährleisten.




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